Geometrie in der bildenden Kunst
Max Frisch schrieb 1952 die Komödie “Don Juan oder die Liebe zur Geometrie”. Sein Don Juan misstraut vorerst seinen Gefühlen, sucht aber gleichzeitig in der Geometrie nach einem auf das Leben übertragbaren Sinn. Es fragt sich, was Geometrie in der bildenden Kunst zu suchen hat. Sind künstlerischer Ausdruck und Geometrie als Zweig der Mathematik miteinander vereinbar?
Sicher, wenn man Geometrie grundsätzlich als Ordnung versteht, als Grundlage künstlerischen Schaffens, als Ausgewogenheit einer Darstellung oder einer Komposition, als Symmetrie oder als Gestaltung von Mustern. Die Vorarlbergerin Miriam Prantl gestaltet in ihren Bildern geometrische Muster, harmonisch aufeinander abgestimmte, aber nicht kongruente Bildflächen. Sie benutzt behutsam diskrete Rechtecke und Quadrate in verschiedener Dimension ohne Gleichförmigkeit im euklidischen Sinn. Miriam Prantl sucht im Geometrischen eine Ordnung, indem Sie Rechtecke fein aufeinander abstimmt, sie ordnet, nivelliert, gestaltet und als ausgeglichene Bildfläche zusammensetzt.
Das ordnende Prinzip gilt auch für ihre Lichtskulpturen oder für die Kunst am Bau. Behutsam geht sie gestalterisch einen Schritt weiter als die Zürcher Konkreten. In ihren früheren Werken legt sie formal und farblich subtil aufeinander abgestimmte Felder auf eine Bildebene und überzieht sie mit einem Koordinatensystem in komplementärer oder akzentuierender Farbe. Die Felder und Koordinaten bilden eine zweite geometri-sche Ebene auf der dem Werk zu Grunde liegenden primären Ordnung. Das Ordentliche und Ausgewogene berührt den Betrachter subtil und lässt in ihm die Saite anklingen, die auf das Ordnungsprinzip seiner Existenz hinweist. Er begreift ihr unaufdringliches Werk nicht nur als gestaltete Ordnung, sondern gleichzeitig auch als strukturierte Komposition, indem sie die gesamte Fläche eines Bildes als Partitur benutzt.
Miriam Prantl arbeitet nicht nur in ihren Bildern mit Flächen und energetischen Linien, auch ihre Lichtinstallationen und Strukturen im Freien, sind ähnlich, komponiert, indem sie jedes Gewicht auf andere Punkte abstimmt. Im Bild führt sie die geometrischen Raster und trennenden Linien konsequent bis an den Bildrand. Damit verteilt sie Schwerpunkte nicht nur optisch, sondern zeigt auch, im übertragenen Sinne, Spannung im Rahmen strukturierter Ordnung und Ausgeglichenheit.
In ihren neueren Werken, als Folge vieler Lichtinstallationen, benutzt sie oft kräftigere Farben, betont Formen und beschreibt abstrakt, mittels der Geometrie, die in ihrem Werk enthaltene Energie.
Werke von Miriam Prantl findet man in vielen privaten wie auch in öffentlichen Sammlungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, in England und in den USA. Einzel- und Gruppenausstellungen fanden in vielen bedeutenden Kunsträumen und Galerien statt. Auch Gottfried Honegger weist verschiedentlich auf ihre Bedeutung hin. Grössere Lichtinstallationen führte sie in Bregenz, Ingoldstadt, Weimar und weitern Orte aus. In diesem Jahr finden Ausstellungen in Appenzell, Singen, Aix en Provence und an die Biennale in Venedig im Palazzo Bembo statt.